Wie das wohl ist im Alter, ohne oder mit nur wenigen Zähnen im Mund? Eine heikle Frage, die man sich selber kaum stellen mag und den (möglicherweise betroffenen) Eltern schon gar nicht. Umso schöner, dass Literaturnobelpreisträger Günter Grass in seinem 2015 erschienenen Alterswerk „Vonne Endlichkeit“ eine Antwort gibt: „Doch damit ließ sich leben, zumal Haftpulver dem oberen Zahnersatz behilflich wurde. Nie verriet Klappern meinen dentalen Zustand.“ Mit feinem Spott macht sich hier die literarische Größe über sich, ihr Alter und die damit einhergehenden Verfallserscheinungen lustig, von der man es wohl am wenigsten erwartet hätte. War Grass nicht ob seiner ständigen politischen Belehrungen als Moralapostel verschrien? Und büßte der Schriftseller nicht jede moralische Autorität ein, als 2006 seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS mit 17 bekannt wurde? Von Verbitterung oder Larmoyanz findet sich hier jedenfalls keine Spur. Grass beschreibt seinen letzten Lebensabschnitt, kommentiert wie eh und je politische Ereignisse, blickt mit einem Schuss Melancholie zurück – und stellt sich bei aller Ironie seiner Furcht: „Neulich suchte ich, wie schon so oft, meinen Radiergummi. Vergeblich. Angst, dieser Köter, fiel mich an.“ Nirgends jedoch verdichtet sich die Mischung aus ernst und heiter, Gegenwart und Wissen um den Tod so gelungen wie in der Episode „Worin und wo wir liegen werden“. Grass und Gattin planen ihre Begräbnisse und geben beim Tischlermeister ihres Vertrauens Särge in Auftrag, Probeliegen im Keller inklusive. Bestattet wurde der ebenfalls 2015 gestorbene Schriftsteller darin übrigens nicht. Diebe hätten die „beiden länglichen Kisten“ kurze Zeit nach der Lieferung entwendet, heißt es wenige Seiten weiter, zusammen mit „zwei Dutzend Dahlienknollen, die meine Frau in der ihr zustehenden Kiste gelagert hatte. Sie warteten, gleich uns, aufs nächste Frühjahr“.