Wenn man eine Lehre aus der „Diogenes“-Sammlung mitnehmen kann, dann die: Die Lage kann noch so beschissen sein (Daniela Krien in „Die Aussicht“), die Umstände noch so bescheiden (Adrian McKinty in „Duffys letzter Fall“) und die Situation völlig aus dem Ruder laufen (Ingo Schulze in „Wie oft“) – eine Tasse Tee macht die Sache nicht besser, aber zumindest erträglicher. Gerade weil Tee im hiesigen Landstrich über keine Tradition verfügt und ständig im Schatten total vermarkteter Mode-Getränke wie Craft-Bier, Barista-Kaffee und diverser Gin-Kreationen steht, lohnt sich der Blick in die Zusammenstellung. Die wohl griffigste Unterscheidung zwischen Tee und Kaffee liefert der Autor Jan Brandt in „Nicht die Bohne“. Er behauptet: „Auf jeden Fall sind Schwarztee- und Kaffeetrinker zwei, die nicht miteinander können: Sie verkörpern grundsätzlich gegensätzliche Kräfte: das apollinische und das dionysische.“ Was das heißt? Kaffee = „… das Flüchtige, Berauschende, Ekstatische“. Tee = „Das Ruhige, Besinnliche, Meditative.“ Wer jedoch jemals an einem britischen Five o‘ clock-Tea oder einer japanischen Teezeremonie teilnehmen durfte, hat davon erst einmal genug (behauptet Doris Dörrie in „Tee“). Wie jedes gute Buch lässt allerdings auch dieses seine Leserinnen und Leser nicht zwischen Kaffeetasse und Teekanne im Regen stehen bzw. verdursten. Bereits in der zweiten Episode liefert Slawomir Mrozek einen so überzeugenden wie pragmatischen Ausweg. Eingeladen bei einer Abendgesellschaft und hin- und hergerissen von der Frage „Tee oder Kaffee?“ sucht der Ich-Erzähler zunächst die Toilette auf, um die Wahl unter philosophischen Aspekten (ohne Erfolg) zu treffen. Die Lösung erfolgt dann so prompt wie naheliegend: „Also sagte ich höflich zur Dame des Hauses, die in der Küche herumwirtschaftete: ‚Bitte halb und halb.‘ Dann schrie ich: ‚Und ein Bier!‘“